Porträt Er hält das Plattdeutsche lebendig

Mit dem neuen Knoten im Tüdelband setzt Pastor Helmut Nagel die Marke für seine ganz und gar nicht tüdelige Plattdeutsch-Geschichte.

„Wo is de Seel tohuus?” lautet die Frage an die Hörer der plattdeutschen Radioandacht auf NDR Welle Nord. Helmut Nagel stellt die Bergpredigt vor. In nicht mal zwei Minuten hat er die Botschaft überbracht, ihr Kern ist klar und verständlich angekommen: „…so seggt Jesus, dat kummt nich op an, wo dien Seel in‘n Körper vörkümmt. Wichtig is, dat dien Seel in dat vörkümmt, wat du denkst, wat du seggst und deist“.

Die plattdeutschen Radioandachten des umtriebigen Seelsorgers der St.Gabriel-Kirchengemeinde Haseldorf und Hetlingen, die NDR 1 Welle Nord seit 2001 ausstrahlt, kommen an, treffen die Zuhörer mitten ins Herz. Genau wie Nagels plattdeutschen Gottesdienste und Andachten. Sie ziehen die Menschen zu Ostern und Pfingsten, am Erntedank, zur Weihnachtszeit und an vielen anderen Terminen wie Magneten an.

 

Gesellig und emotional

Nagel erklärt den Erfolg so: „Plattdeutsch ist eine lebendige Erzählsprache, die Bilder im Kopf entstehen lässt und Emotionen weckt. Sie atmet in ihrer Einfachheit eine andere Freiheit im Gottesdienst, ist weniger förmlich und nimmt Grenzen", sagt er. Das Zwischenmenschliche trete in den Vordergrund, und das tue gut.

Aber da ist noch etwas anderes im Spiel. Wenn Helmut Nagel von seinen plattdeutschen Gottesdiensten, Andachten und Familienereignissen wie Taufen erzählt, beginnen seine Augen zu leuchten. „Die plattdeutsche Sprache ist ein Teil von mir“, sagt der 53-jährige Pastor, „und so geht es den meisten Menschen in unserer Region. Plattdeutsch ist ein Teil ihrer Identität, sie sprechen es noch oder verstehen es zumindest. Es ist ein Stück Heimat.“

 

Menschen zum Plattschnacken ermutigen

Als gebürtiger Hamburger mit familiären Wurzeln in Dithmarschen und der Wilstermarsch ist Nagel mit dem Plattdeutschen aufgewachsen. Es liegt ihm viel daran, diese Sprache zu bewahren und die Menschen zum Plattschnacken zu ermutigen. Deshalb ist er auch gerne der Plattdeutschbeauftragte des Kirchenkreises Hamburg-West/Südholstein geworden, der sich für Kirchentext-Übersetzungen einsetzt und Kollegen mit Rat und Tat zur Seite steht.

Seinen ersten plattdeutschen Gottesdienst hielt er bereits als Vikar in Barmbek. „Der war zu meiner Überraschung gut besucht. Und daraus ergab sich sogar die erste plattdeutsche Trauung in Alt-Rahlstedt“, erzählt Nagel.

 

Ihm gefällt's in Haseldorf

Nach seinem Ausflug als wissenschaftlicher Mitarbeiter an die Universität trat er 2001 seine Pastorenstelle in Haseldorf an. „Das dörfliche Miteinander, der Gemeinschaftssinn, das vielfältige ehrenamtliche Engagement von Alt und Jung in der Kirchengemeinde, die schöne St-Gabriel-Kirche, die viele Besucher anzieht – das alles macht mir große Freude“, bekundet der Gottesmann.

Besonders froh aber stimmt es ihn, dass die plattdeutschen Gottesdienste seit Anfang an so gefragt sind. Und dass die Jugend in seiner Kirchengemeinde noch Plattdeutsch versteht. Oder auch, dass die Leute ihn auf die Radioandachten ansprechen und die Texte haben möchten. Dies alles gibt ihm die Gewissheit, dass er um “dat Plattdüütsche in de Kark“ nicht bangen muss.

 

 

Der nächste plattdeutsche Gottesdienst in der Kirchengemeinde Haseldorf und Hetlingen ist am 2. Weihnachtstag, um 10 Uhr, in der Hetlinger Kirche (Hauptstraße 42, 25491 Hetlingen).