Erntedank


Waren Sie schon einmal in der Seestermüher Marsch? Das Land, wo Deutschlands feinste und leckerste Äpfel wachsen und gedeihen. Auf meine Frage, wie denn Äpfel so reichlich und langandauernd gelagert werden, wurde mir ein „Bunker“ gezeigt: Eigentlich sah ich nur ein Tor mit zwei Flügeln – dahinter wenig. Was das wohl soll, sagte meine städtische Naivität. „Nu komm schon, Jung, wir können nicht ewig die Türen aufhalten.“ Hinter der Tür reihenweise Kisten, jede mit dem Namen und dem Geburtsjahr der Kiste des Bauernhofes versehen. Der Boden ist fester Marschenboden, trittsicher und leicht federnd. Das Plätschern von Wasser ist zu hören. „Wir lassen Wasser ganz leicht einlaufen und in Rinnen an der Wand leicht bewegt laufen, bis es versickert ist. Das bringt uns die Kühle und den Äpfeln hier ein langes Leben.“ Aha – ganz bio – kein elektrischer Kühlschrank und traumhafte Äpfel – das ganze Jahr von Ernte bis Ernte.

Ach, könnten wir nur so gut planen wie die Bauern in Seester, dann gäbe es nicht diese Überproduktionen und Lebensmittel werden für den Müll produziert – die Achtung für die hungernden Menschen, den Bauern und Gottes Schöpfung wird mit den Füßen getreten.

In diesen Tagen feiern wir den Tag der deutschen Einheit, diesmal aus Sachsen-Anhalt, wo es die besten Böden Deutschlands in der Börde hat. Unser Fokus kann sich auf einen besseren Umgang mit Lebensmitteln und der Wertschöpfung des gesamten Lebensmittelkreislaufes einstellen und – mindestens einmal im Jahr am Erntedanktag – besonders dankbar sein.

In den Apfelbunkern hängen Bibelsprüche, gemalt mit weißer Farbe auf einem Holzbrett. Ich las dort den Psalmtext, den ich auch als Tischgebet kenne: „Alle Augen warten auf dich, und du gibst ihnen Speise zur rechten Zeit.“ (Psalm 145.15).

Während Hermann der Apfelbauer mir den Bunker zeigte, kam ein Kind vorbei – „moin Hermann“ – Herman griff in die Tasche und holte einen der beiden Äpfel heraus, den er aus einer seiner Kisten genommen hatte und gab ihn dem Kind. Große Freude. Den zweiten Apfel – ich werde mich lange an die kühle frruchtige Süße erinnern – gab er mir. Hermann war ein wunderbares Werkzeug Gottes.

Ich bin dankbar, Hermann begegnet zu sein und wünsche Ihnen einen gesegneten Erntedanktag der Natur und der Demokratie.

Franz Sauerteig

Diakon
Kirchengemeinde Meiendorf-Oldenfelde
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sauerteig@meiendorf-oldenfelde.de