Mein Freund, der Baum


Da  steht der Künstler Stefan Gwildis mitten im Wandsbeker Gehölz und singt. Er singt und trommelt gegen die Abholzung  der Bäume. „Schon der Dichter Matthias Claudius wandelte unter diesen Bäumen“, sagt Gwildis. Sie sollen für den Gleisausbau auf der  Bahnstrecke von Hamburg nach Bad Oldesloe weichen.  Sein Auftritt war im Herbst. Inzwischen wird längst Axt an sie gelegt.

Szenenwechsel. Ich bin im Nienstedtener Hirschpark, zusammen mit Altonas Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg.  Gerade hat sie einen alten Bergahorn unter ganz besonderen Schutz gestellt. Das gut 270 Jahre alte Exemplar wuchs in jeder Zeit, als in Preußen noch Friedrich der Große regierte und sich das dänische Altona vom Bauernort zur Gewerbe- und Handelsstadt entwickelte. Nun wird der Bergahorn mit seiner 36 Meter breiten Krone zum „Nationalerbe-Baum“ erklärt. Auf diese Weise wird er weiter gehegt und gepflegt. Ein Kahlschlag, wie Teile des Wandsbeker Gehölzes, dürften Park und Baum somit erspart bleiben.

Ich liebe Bäume. Sie sind meine Freunde, denen ich ohne Maske und sonstige AHA-Regeln ganz nahekommen kann.  Einer davon steht auf dem Höltigbaum. Es ist eine Eiche mit weit verzweigter Krone. Bald wird sie  zu grünen beginnen, Vögel werden in ihrem Wipfel sitzen und in der Dämmerung singen.

Wir modernen Menschen  haben das Wissen um die Geheimnisse der Bäume verloren, gäbe es nicht den berühmten Förster Peter Wohlleben, der sie als kommunizierende Lebewesen kennt.  Einst hatten Bäume einen festen Platz in den Erzählungen der Menschen und in ihrem Leben.  Manche mögen das als Aberglauben abtun. Solange aber eine Taube mit einem Olivenzweig im Schnabel zu den Menschen fliegen kann, wie es in der Bibel erzählt wird, sind Bäume mehr als bloße biologische Systeme. Sie sind Trost- und Hoffnungswesen  für unsere Seelen.

Schreiben Sie mir, was Ihnen Bäume bedeuten!

Ihr Edgar Hasse

Kirchengemeinde Alt-Rahlstedt
Prädikant, Journalist und Kreuzfahrtseelsorger.
edgar.hasse@abendblatt.de