TEMAH-Projekt Schülerpatenschaften

Unsere diesjährige Frühjahrsreise nach Temeswar hatte erstmals den Schwerpunkt „Patenschüler“. Im Saal des Deutschen Forums warteten schon etwa dreißig Kinder, als wir – noch ca. 15 Minuten vor der vereinbarten Zeit – dort ankamen. Während der nächsten Minuten kamen noch weitere Kinder, z. T. mit Eltern und Geschwistern. Der Start einer Vorführung von Hamburg-Bildern verzögerte sich aus technischen Gründen etwas, und es war bemerkenswert, wie ruhig und diszipliniert sich die Kinder währenddessen verhielten.

Frau Cojanu, die Präsidentin des Vereins Speranța, stellte uns Hamburger vor und übersetzte, als die Kinder sich vorstellten. Das haben alle, auch die jüngsten, brav gemacht, und manche hat es bestimmt Überwindung gekostet, vor so vielen Menschen aufzustehen und zu sprechen. Endlich war der Punkt erreicht, auf den viele Kinder wohl schon gewartet hatten: Im Foyer des Forums gab es Pizza und Getränke. Wohl wissend, dass Pizza nicht das Gesündeste für Kinder ist, haben wir uns dafür entschieden, weil Pizza für die Patenkinder etwas ganz Besonderes ist und es auch kaum ein Kind gibt, das sie nicht gern isst.

Hier war nun auch Gelegenheit, mit Kindern und Eltern ins Gespräch zu kommen. Sprachschwierigkeiten traten kaum auf, da einige von uns ein bisschen Rumänisch gelernt haben, die  größeren Kinder Englisch können und – am wichtigsten – unsere rumänischen Freunde Deutsch sprechen. Es kam immer wieder zum Ausdruck, dass die Patenschaften eine große Hilfe für die Familien sind. So gibt es z.B. eine Familie, die zurzeit lediglich vom Kindergeld (zusammen ca. 35 Euro) für die drei Söhne lebt, weil der Vater nach jetzt mehr als sechs Monaten Arbeitslosigkeit kein Geld mehr bekommt. Im Sommer hilft der Familie der eigene Garten ein bisschen über die Runden. Aber was wird im nächsten Winter?

Manche Familien baten auch um konkrete Hilfe, z. B. um eine Nähmaschine oder um eine Gitarre. Das sind Wünsche, die wir erfüllen können. Es wurden auch Wünsche nach der Vermittlung eines Arbeitsplatzes in Deutschland geäußert. Da konnten wir jedoch nur allenfalls Tipps geben.

An einem anderen Tag haben wir fünf Familien zu Hause besucht. Dabei haben wir Wohnverhältnisse gesehen, die diesen Namen nicht verdienen und in Europa kaum noch vorstellbar sind. Familie L., das sind die Eltern, Sohn (15 Jahre) und Tochter (14 Jahre), lebt in einem einzigen Zimmer von ca. 13 m2. Die bedrückende Enge haben wir schon bei unserem kurzen Besuch empfunden: keine Möglichkeit, sich einmal zurückzuziehen, kein ruhiger Platz für Schularbeiten, nicht einmal Platz für einen Esstisch.

Doch was noch schlimmer ist: Diese Unterkunft, eine Werkswohnung, ist der Familie jetzt gekündigt worden, weil das Werk geschlossen werden musste. Zur Arbeitslosigkeit droht dieser Familie nun auch noch Obdachlosigkeit.

Wir haben sogar noch schrecklichere Wohnverhältnisse erlebt, wo die Eltern angesichts der Trostlosigkeit anscheinend auch resigniert haben.

Die Besuche bei den fünf Familien von Patenschülern haben uns alle außerordentlich beeindruckt, ja bedrückt.

Zu wissen, dass es auch bei uns in Hamburg katastrophale Unterkünfte gibt, ist kein Trost, im Gegenteil.

Wir wünschen sehr, dass unsere Patenschaften dazu beitragen, die Kinder vor der Hoffnungslosigkeit zu bewahren und ihnen wenigstens einen ordentlichen Schulabschluss, der ihren Fähigkeiten entspricht, zu ermöglichen.

Irmgard Nielsen