Ein Jahrhundertleben

18. September 2022

 - Copyright: Corinna Claussen

„Ich bin ein Glücksmensch. Ich freue mich über Kleinigkeiten. Nichts ist selbstverständlich. Auch dass wir leben ist nicht selbstverständlich.“ 

Das sagt mit leuchtenden Augen und großer Lebensfreude Anneliese Höpfl, die im Juni ihren 100. Geburtstag gefeiert hat und in einer Senior*innenanlage unserer Gemeinde lebt. Im Kreis ihrer großen Familie hat die Mutter, Groß- und Urgroßmutter diesen besonderen Tag begangen. 

Geboren 1922, der Erste Weltkrieg ist vier Jahre vorbei, hat diese Generation bewegte Zeiten erlebt: Kriegs- und Nachkriegsjahre, aber auch Wirtschaftswunder und Vieles mehr. Anneliese Höpfl erzählt von ihrem persönlichen Glück, der Freude über das Leben, das sie als Kind und später mit eigener Familie in Barmbek verbrachte: Kibbel-Kabbel, das Murmelspiel ihrer Kindheit oder Völkerball und die Freude an den Oblaten – das mag der einen oder dem anderen bekannt vorkommen. Im Kreis ihrer Geschwister wuchs sie auf und blickt auf eine schöne Kindheit zurück. 

Später dann die Hochzeit im Krieg und an die langstieligen Chrysanthemen erinnert sie sich gut. Auf Hochzeitsreise ging es mit dem Fahrrad in die Heide. Das Zelten an der Elbe und Fahrten mit dem Paddelboot gehörten ebenso zu ihrem Leben, wie später die Reise nach New York. Mit dem Fahrrad von Passau nach Wien (in Begleitung) oder als 19-jährige von Hamburg bis hinter Dresden (allein!). Regelmäßige Briefe an die Eltern – „Mir geht es gut“ – waren die Bedingung. 

Es macht Spaß, mit Anneliese Höpfl auf Zeitreise zu gehen. Sie erzählt von dem Flug mit Mann und Sohn nach Frankfurt in einer Propellermaschine. Dort ging es in den Zoo. „Man braucht ja ein Ziel.“ Die Turbulenzen auf dem Rückweg sind bis heute unvergessen. 

Weltoffen, das ist das Geburtstagskind bis heute. Dafür mag die Weltkarte in ihrem Zimmer ein Symbol sein. 

Und Anneliese Höpfl steht stellvertretend für viele ältere Menschen in unserer Mitte, die mit ihrer interessierten und zugewandten Lebensklugheit unser Gemeindeleben bereichern. 

Pastorin Corinna Claussen