8. Dezember 2019

Ein Kirchenbesuch an einem verkaufsoffenen Sonntag

„Schatz, ich bin gerade in der Kirche. Brauchen wir was aus der Kirche, soll ich was mitbringen?“

Ein verkaufsoffener Sonntag der besonderen Art. Handy am Ohr, den roten Einkaufsbeutel in der Hand, so geht’s den Mittelgang der Kirche entlang und die Nachfrage beim “Schatz, brauchen wir was?“ klingt fröhlich, freundlich nach Supermarkt. Entdeckt habe ich diese Zeichnung in einer Zeitung. Sie hat mich angesprochen, ich habe sie ausgeschnitten, einfach nur so.

Dann lese ich in der Ausgabe des Spiegels vom April 2019 auf dem Titelblatt die große Überschrift: „Wer glaubt denn sowas – Warum selbst Christen keinen Gott mehr brauchen“. Und mir fällt spontan die Postkarte wieder ein.

Brauchen wir noch was aus der Kirche? Haben wir etwas im Angebot?  …und was „Schatz“ wohl antwortet.?

Der Tenor des Spiegelartikels, dass selbst viele aktive Kirchenmitglieder nicht mehr an Gott glauben und Kreuz und Auferstehung ihre Bedeutung verloren haben, hat mich nachdenklich gestimmt. Für viele Menschen stehen Ethik, Moral und humanitäres Denken und Handeln im Mittelpunkt ihres Engagements und der Spiegelartikel fasst es so zusammen: „Gott – eine Art besseres Ich des Menschen. Sehr vereinfacht gesagt.“ „Gott als eine Projektion des Humanen, des Guten im Menschen“.

Ich kann diesen Gedanken gut folgen. Gott hat auch für mich in der Welt seinen Platz. Aber ich hoffe und vertraue auch auf ein „Mehr“, eine Dimension, die über das (Er-)fassbare hinausgeht. Da kommen auch unsere Worte an ihre Grenzen.

Ja – inmitten und trotz auch Zweifeln -, ich glaube an Gott.

Und als „Schatz“ würde ich wohl antworten: „Handy aus, still in die Bank und dem nachspüren, was mich vielleicht berühren will. Und wenn`s dort nicht klappt: raus in die Welt und ins Leben.“

Wir als Kirche sind mehr als das Gebäude. Wir sind eine Gemeinschaft – bunt, vielfältig, lebendig mittendrin und wir haben immer verkaufsoffenen Sonntag!

Pastorin Corinna Claussen